Da Maverick noch eine ganze Weile auf den Spuren der Märchenforscher wandeln wird und sich auf Reisen befindet, führen wir unser neues Format
‘Märchenstunde mit Gast’ weiter. Heute dürfen wir die in Slytherin wohlbekannte Mythenschlange Clio Daves ganz herzlich auf unserer Märchencouch begrüßen!
Es freut mich riesig, dass wir heute eine so lustig grüne Runde sind. Mir fehlt die Schulzeit schon sehr, der Ernst des Lebens hat mich fest in seinen Klauen, also genießt eure Zeit in Hogwarts solange ihr könnt!
*räuspert sich*
Bitte Clio, fang an. Was hast du uns heute mitgebracht?
Hellouuu! Geduld, Geduld, lasst euch überraschen! Also…
Es war einmal ein schöner, herbstlicher Sonntag, es war morgens und die Sonne schien strahlend vom Himmel, untermalt vom Zwitschern der Vögel und dem leichten Wind, der über die Felder strich. Die Menschen gingen in die Kirchen und jedermann schien froh und glücklich.
In dieser friedlichen Idylle stand auch der Igel vor der Tür seines Baues, sang ein Liedchen - so gut ein Igel eben singen kann - und sah in die Landschaft hinaus.
Ich habe Igel bisher nur fauchen gehört, wenn sie aufgebracht sind. Da stelle ich mir Igel-Gesang jetzt nicht so toll vor.
Es klingt auf jeden Fall nach einem schönen Ort und wer weiß, in mancher Ohren ist Igelgesang sicher engelsgleich.
Du meinst, so wie bei den Meermenschen, deren Gesang über Wasser auch eher einem Kreischen ähnelt?
Ja, genau so wie bei den Meermenschen!
Ehm… Jungs, bleibt mal bitte bei den Igeln! Meermenschen… Ts. Weiter im Text:
Seine Igelfrau war gerade im Haus, wusch die Kinder und zog sie an und tat, was man als Igelfrau morgens eben so tut. Da kam dem Igel die Idee, dass er doch wohl auf sein Steckrübenfeld gehen könne und nach den Steckrüben sehen. Es sei gesagt, dass die Steckrüben nicht tatsächlich die Seinigen waren, da sie aber nahe des Hauses wuchsen und seine Familie regelmäßig davon aß, sah er sie als solche an. Gedacht, getan, kurz entschlossen machte der Igel sich auf.
Oha, das klingt so, als könnte es da noch Streit geben. Zumindest wenn der Diebstahl auffällt.
Oh ja das klingt ganz schwer danach!
Und schaut mal! Er ist nicht der einzige Feldbewohner, der krasse Besitzansprüche hegt…
Er war bereits ein Stück des Weges gegangen, da traf er auf den Hasen, einen Nachbarn, der gerade in ähnlicher Mission unterwegs war und nach seinem Kohl sehen wollte.
Soso. ‘Sein’ Kohl, der ihm also auch nicht gehört.
Der Kohl gehört vermutlich einem Menschen und ob denen das auffällt, wenn da ein paar der Rüben fehlen? Interessant, dass der Hase das gefundene Feld für sich beansprucht.
Macht der Igel doch auch. Und bei Kohl und Steckrüben kommen die beiden sich ja nicht in die Quere.
Also, ich kann euch nur verraten, was ich machen würde, würde ich irgendeinen von denen auf meinem Feld erwischen. Da hab ich einen netten Zauberstab, ein paar gute Sprüche und dann… BUMM!
*grinst verschlagen*
Ist schon gut, war ja nur ein Spaß!
*befeuchtet sich die Lippen und liest weiter*
Da der Igel gut gelaunt war, grüßte er den Hasen freundlich und wünschte ihm einen guten Morgen.
Der Hase aber war ein äußerst hochmütiger, dabei aber grausamer Geselle. Er kümmerte sich nicht um den netten Gruß des Igels und erwiderte stattdessen...
Sagt mal… Mag eigentlich keiner von euch den Hasen spielen? Und der andere den Igel? Ihr würdet hervorragende Schauspieler abgeben!
*grinst und zieht herausfordernd beide Augenbrauen hoch*
Puuuh, na meinetwegen. Und wer spielt den Hasen, den du mit den Worten ‘hochmütig’ und ‘grausam’ betitelt hast?
*sieht kurz zu Dawson und seufzt*
Ich übernehme das Langohr. Häschen sind wenigstens flauschig.
*kramt in der Märchenkiste und wirft Drys mit einem breiten Grinsen einen Haarreif mit Hasenohren zu*
*fängt das Accessoire*
Oha, keine halben Sachen, was? Ist jetzt länger her, dass ich in eine Rolle geschlüpft bin, aber krieg ich hin.
*schiebt sich die Hasenohren auf den Kopf und sucht bei Clio nach dem Text*
*schaut grinsend zwischen den beiden Jungen hin und her, lehnt sich auf der Couch zurück und genießt das Schauspiel*
Ihr werdet das super machen, das… habe ich im Gefühl.
Also.
*setzt einen sehr stolzen Gesichtsausdruck auf*
"Wie kommt es denn, dass du schon so früh am Morgen im Felde herumläufst?"
*übernimmt den Igel und setzt sich dazu eine Stachelmütze auf*
"Ich geh spazieren."
*verstellt die Stimme als “Erzähler” ebenfalls betont vornehm*
… sagte der Igel noch immer freundlich.
"Spazieren?"
*lacht laut nach ‘Regieanweisung’*
"Mich deucht, du könntest die Beine auch wohl zu besseren Dingen gebrauchen."
Nun wich die Freundlichkeit des Igels endgültig, denn er konnte wirklich vieles ertragen. Nur auf seine Beine - die von Geburt her und Natur aus nicht lang und schön waren wie die des Hasen, sondern kurz und krumm - auf diese ließ er nichts kommen. Und so sagte er zum Hasen:
"Du bildest dir wohl ein, dass du mit deinen Beinen mehr ausrichten kannst?"
Der Hase, in seinem Großmut, bejahte und streckte stolz den Hals.
*versucht das umzusetzen*
Doch der Igel ersann sich sogleich eine Wette, um dies zu testen.
"Das käme auf einen Versuch an. Ich wette, dass wenn wir einen Wettlauf machen, ich an dir vorbeilaufe."
Der Hase fand dieses Angebot mehr als nur lächerlich und zögerte deshalb keine Sekunde, die Wette anzunehmen. Schnell wart sich auf einen Branntwein und einen goldenen Louisdor geeinigt, als jedoch der Hase sogleich los und mit der Wette starten wollte, hob der Igel beschwichtigend die Hand und erklärte ihm, dass er zuvor noch nach Hause wolle, frühstücken und dann in einer halben Stunde wieder hier sei.
Klären wir doch mal, was ein Louisdor ist, bevor es weitergeht.
*räuspert sich*
Natürlich können wir das klären! Ein Louisdor ist eine französische Goldmünze, die es erstmals 1640 gab unter Ludwig XIII. Sein Kopf wurde auf die Münze geprägt, daher der Name Louis d'or, was soviel wie 'Ludwig aus Gold' heißt. Dazu muss man noch sagen, die Münzen waren tatsächlich aus Gold. Nicht so wie die Münzen heute.
Bei den Muggeln meinst du. Wir haben ja noch immer Goldmünzen: die Galleonen. Aber ich habe mal gesehen, dass in der Muggelwelt auch besondere Sammlermünzen, zu Ehren von außergewöhnlichen Personen, Erfindungen oder Begebenheiten, verkauft werden. Die sind vermutlich schon aus Gold und Silber.
Habt ihr beiden ein Lexikon gefressen oder so?
*schaut skeptisch*
Das ist echt nicht normal… Ehm… Ja gut. Machen wir weiter!
Der Hase war damit einverstanden und so zogen beide ihres Weges, sich auf die Wette vorzubereiten. Der Igel, der ein kluges Tier war, war sich bewusst, dass er wohl nur auf Grund seiner Beine kaum gegen den Hasen gewinnen könne und trotzdem wollte er dem Gesellen für seine Hochnäsigkeit eines auswischen, war er sich ebenfalls sicher, dass dieser zwar vornehm war, aber auch äußerst dumm.
*kann mit ‘vornehm’ gut leben, äußert bei der Anmerkung ‘dumm’ ein verstimmtes Brummen*
Zum Glück bin ich nicht einfältig. Das kann doch nicht gut ausgehen für den Hasen. Aber machen wir weiter.
*nickt*
Und wie er zuhause ankam, befahl er seiner Frau:
"Frau, zieh dich schnell an, du musst mit mir aufs Feld hinaus."
Die Igelfrau war äußerst verwundert über diesen Wunsch und fragte, was denn wohl los sei, da erklärte ihr Mann ihr alle Gegebenheiten, die Wette und um was sie gewettet hatten.
*springt mal schnell als Igelfrau ein und spricht mit piepsiger Stimme*
"O mein Gott, Mann",
jammerte die Igelfrau da,
"bist du nicht recht gescheit? Hast du denn ganz den Verstand verloren? Wie kannst du mit dem Hasen um die Wette laufen wollen?"
"Halt's Maul, Weib, das ist meine Sache. Misch dich nicht in Männergeschäfte! Marsch, zieh dich an und komm mit!"
… so herrschte der Igel sie an.
Oha, was herrscht da nur für ein Umgangston! Wenn ich so mit Jamie sprechen würde, dann könnte ich nachts auf dem Sofa schlafen. Wenn er nett ist. Was er wäre. Aber dieser Fall würde ohnehin nie eintreten. Also wirklich, so spricht man einfach nicht mit seinem Partner!
“Man” tut das nicht, aber “Igel” tut das offensichtlich! Und was blieb der Igelsfrau da anderes, als der Bitte Folge zu tun und schnell folgte sie ihrem Mann aufs Feld hinaus.
Mal ehrlich, ich selbst würde auch nie so mit meiner Frau reden.
*rollt mit den Augen*
*pattet Drystan und liest weiter*
Auf dem Weg ward ihr erklärt, was sie denn genau zu tun habe. Der Igel zeigte ihr den Acker, auf dem der Wettlauf stattfinden sollte und führte dann aus:
"Der Hase läuft nämlich in der einen Furche und ich in der andern, und von oben fangen wir an zu laufen. Nun hast du weiter nichts zu tun, als dich hier unten in die Furche zu stellen, und wenn der Hase auf der andern Seite ankommt, so rufst du ihm entgegen: 'Ich bin schon hier'."
Der Igel wies seiner Frau den rechten Platz, dann kehrte er zum Anfang des Ackers zurück, wo der Hase bereits auf ihn wartete, in der vollsten Überzeugung nun gleich zu gewinnen. Beide wollten nicht weiter warten, der Hase zählt auf drei…
*räuspert sich*
Eins… Zwei… Drei…
So magisch!
*grinst*
… dann rannte er schnell wie der Wind den Acker hinauf.
*joggt am Platz und muss schief grinsen, weil das sicherlich merkwürdig aussieht*
*beobachtet das Ganze breit grinsend*
*kann sich das Lachen nun nicht mehr verkneifen und liest nur mit Mühe weiter*
Der Igel aber ging nur drei Schritte ungefähr, dann duckte er sich und blieb dort sitzen. Mit Vollgas kam der Hase am anderen Ende des Feldes an und wähnte sich schon den Sieger, als er die Igelfrau dort sitzen sah, die ihm entgegenrief:
"Ich bin schon hier!"
Der Hase wunderte sich darüber und stutze, denn er erkannte nicht, dass ihm hier nicht wirklich der Igel zugerufen hatte, denn die Igelfrau sah ihrem Mann - wie das bei Igeln nunmal so üblich war - sehr ähnlich.
"Das geht nicht mit rechten Dingen zu."
… rief der Hase und zögerte nicht, um eine Fortsetzung des Rennens zu bitten. Und wieder rannte er so schnell er konnte den Acker hinunter. Während die Igelfrau wieder dort hocken blieb, wartete der Igel immer noch am Anfang des Ackers auf den Hasen, der dort schnaufend ankam und nicht glauben konnte, dass dort schon wieder der Igel saß und rief:
"Ich bin schon hier!"
Wieder bat er um Wiederholung und wieder antwortete der Igel nur:
"Mir macht das nichts, meinetwegen, sooft du Lust hast."
So lief der Hase noch 73 Mal, und immer schien der Igel zu gewinnen, denn entweder er oder seine Frau saßen am Ende des Ackers und riefen:
"Ich bin schon hier"
"Ich bin schon hier!"
Erst beim 74. Mal brach der Hase auf dem Feld zusammen, Blut lief ihm aus dem Hals und tot blieb er so liegen, vor Erschöpfung gestorben.
*seufzt, verdreht die Augen nach oben und bricht theatralisch vor der Märchencouch zusammen, wobei seine Zunge zu sehen ist und er darum kämpft ernst zu bleiben*
*beißt sich auf die Lippe, um nicht schon wieder Lachen zu müssen und kämpft sich so durch die letzten Zeilen*
Der Igel, der nun wohl gewonnen hatte, nahm seinen Wettgewinn entgegen und verließ mit Frau, Branntwein und Louisdor das Feld:
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
*rappelt sich wieder auf, nimmt die Hasenohren vom Kopf und verneigt sich, ehe er das Theaterrequisit in die Kiste zurückwirft, um sich zu Clio und Dawson auf die Couch zu setzen*
Gott, ihr beiden wart genial! Das war meine mit Abstand beste Idee überhaupt, bin ich nicht ein Genie?
*kräuselt die Nase und kramt dann einen Zettel aus der Hosentasche, auf den sie noch etwas geschrieben hatte*
Und was ich unter dem Märchen noch gefunden habe ist folgende Moral:
›Die Lehre aber aus dieser Geschichte ist erstens, dass keiner, und wenn er sich auch noch so vornehm dünkt, sich über einen geringen Mann lustig mache, und wenn es auch nur ein Swinegel wäre. Und zweitens, dass es geraten ist, wenn einer freit, dass er sich eine Frau aus seinem Stande nimmt, die gerade so aussieht wie er selber. Wer also ein Swinegel ist, der muss zusehen, dass seine Frau auch ein Swinegel ist, und so weiter.‹
Ich habe übrigens mal gelesen, dass ‘Swinegel’ ein norddeutsches Schimpfwort ist und ‘Schweinigel’ bedeutet. Gemeint ist dabei ein schmutziger Mensch ohne Moral.
Sehr gut benommen hat der Igel sich im Märchen tatsächlich nicht. Eigentlich sind weder Hase noch Igel sympathisch für mich, auch wenn der Igel eine Gerissenheit an den Tag legt, wie man sie unserem Haus zuschreibt.
Beim Hasen gefällt mir die Verbissenheit, um sein Ziel zu erreichen und zu gewinnen. Doch er ist leider nicht clever genug, um die Wahrheit zu erkennen oder einzusehen, dass es besser wäre, sich geschlagen zu geben. Somit widerstrebt es mir, mich auf die Seite des Hasen zu stellen.
Ehm… Ich will ja auch nichts sagen, aber der Hase stirbt am Ende - vor Erschöpfung!!! Also… Soooo dumm bist du nun mal wirklich nicht!
*zwickt Clio mit Daumen und Zeigefinger ins Näschen*
Vielen Dank für das… Kompliment.
Ende nicht ganz so gut, aber alles gut, heißt es dann wohl. Zumindest hier auf der Märchencouch.
*zwinkert*
Der Vorhang fällt - ‘Tschüss Märchenwelt!’