*nickt dem heutigen Gast zu und setzt ein Lächeln auf*
Herzlich willkommen, Mr. Stevenson. Als Kollege im Ministerium freut es mich außerordentlich, dass Sie neben Ihrer neuen Tätigkeit als Apparierlehrer in Hogwarts die Zeit finden, hier auf unserer Märchencouch Platz zu nehmen. Sie waren ehemals im Hause Hufflepuff, wenn ich mich recht entsinne.
Auch von mir ein herzliches Willkommen auf unserer Märchencouch!
Guten Tag und besten Dank für die Einladung, meine Herren Trevelyan und Villin. Zu meiner Schulzeit residierte ich im Hause Hufflepuff, dies ist korrekt. Als langjähriger Mitarbeiter der Abteilung für magisches Transportwesen im Zaubereiministerium, habe ich Ihnen ein Märchen mitgebracht, in dem sich die Protagonistin auf eine langwierige Reise begibt und ihr Glück findet. Auch wird uns nochmal vor Augen geführt, wie froh wir über unsere magischen Fähigkeiten und Transportmittel sein können. Meine Wahl fiel auf das Schloss des Helios.
Nur zu, ich bin sehr gespannt!
Das klingt als könnte es sehr spannend werden.
Es war einmal ein Herrscher, der gemeinsam mit seiner Frau vier Kinder besaß. Eine schöne Tochter sowie drei Söhne. Nachdem die Eltern verstorben waren, verkündete die Prinzessin ihren Brüdern, dass sie sich auf eine Reise begeben wollte. Hierzu ließ sie sich ein schwarzes Kleid schneidern und insgesamt 6000 Goldstücke einnähen. Die Brüder waren bei der Verabschiedung schwer betroffen, was jedoch nicht sehr verwunderlich ist, wenn die Schwester mit einer solch stolzen Summe Reißaus nimmt.
Oha, das muss ein sehr schweres Kleid sein und dies alles geschah also hinter den Rücken der Brüder?
Ob die Mitnahme des Goldes mit den Brüdern abgesprochen war, bleibt ungeklärt, doch das Klimpern der 6000 eingenähten Münzen ist ihnen bestimmt nicht entgangen.
Warte, die Eltern waren von königlichem Blut? Ist auf jeden Fall ein äußerst teures Kleid und wie D sagt, muss das doch echt schwer sein.
Ihre Eltern waren der König und dessen Gemahlin, womöglich floss das gesamte Erbe in das Kleid. Nach einer gewissen Zeit überquerte die Weltenbummlerin einen Berg und traf beim Abstieg auf einen alten Mönch. Während ihrem Gespräch bemerkte die Prinzessin eine weiße Silhouette in der Ferne und erkundigte sich bei dem Geistlichen nach dieser. Der Mönch offenbarte dem Mädchen, dass es sich hierbei um das Schloss des Helios handelte. Dort befanden sich laut seiner Aussage zehntausend Prinzen, welche auf der Jagd in die Gegend kamen und versteinert wurden.
Interessant, solche Versteinerungsaktionen tauchen wohl ganz gerne in griechischen Erzählungen auf. Wenn ich da nur an diese grausige Medusa denke…
*fragt sich, ob diese Gestalt auch im heutigen Märchen einen Auftritt haben wird*
Wie stark diese Frau sein muss, wenn sie mit dem Kleid sogar einen Berg bestiegen hat. Das Klimpern war sicher sehr weit zu hören. Schon fast ein Wunder, dass die noch nicht überfallen wurde.
Auf jeden Fall warten auf die junge Frau noch einige Gefahren, wie wir im Folgenden erfahren werden. Da der Alte in der Prinzessin ein anständiges Mädchen erkannte, teilte er ihr mit, dass er helfen möchte, damit ihr nur Gutes widerfahre und sie auch anderen Menschen Gutes tun kann. Aus diesem Grund sollte sie ihm gut zu hören und seine Ratschläge befolgen. Das Mädchen musste zum Schloss gelangen, doch auf dem Weg dorthin würde sie lauten Krach sowie die Stimmen ihrer Brüder vernehmen. Hinter diesen verbargen sich laut dem Mönch jedoch nicht ihre Geschwister, sondern teuflische Geister, welche die Prinzessin versteinern würden, sobald sie sich zu ihnen umdrehte. Für diesen Rat hätte sich der Mönch nun aber ein paar der Goldstücke verdient, finden Sie nicht auch?
Nun, diese hilfreiche Auskunft wäre sicherlich eine Bezahlung wert, doch wenn der Mönch diese nicht fordert… wer weiß schon, wann die Prinzessin ihre Münzen noch einsetzen muss. Ich bin jedenfalls froh, dass es sich hierbei nicht um diese abscheuliche Frau mit Schlangenhaupt handelt, die diese Versteinerungen hervorgerufen hat. Mit Geistern sollte man doch gut umgehen können. Wobei die Bezeichnung ‘Geist’ in diesem Zusammenhang wohl anders zu sehen ist, was?
Jetzt wird es spannend! Also ich glaube, so gut sind die Geister hier nicht, wenn sie hinter dem Mädchen her sind.
Genau, meine Herren. In dieser Geschichte agieren die Geister wohl als Geschöpfe mit magischen Fähigkeiten, welche im Dienste des Schlossherrn stehen und über dessen Ländereien wachen. Doch der Mönch hatte noch mehr Tipps auf Lager! In dem Schloss angekommen, sollte das Mädchen eine purpurfarbene Flasche auf einem Tisch finden, in dem sich Lebenswasser befand. Er riet ihr, diese schnell an sich zu nehmen und damit alle versteinerten Prinzen zu besprenkeln. Jedoch sollte sie auch noch etwas Wasser für einen Riesen bereithalten, der kurz darauf auftauchen und das Mädchen fressen wollen würde!
Dieser Mönch scheint offensichtlich mit der Gabe der Vorhersehung gesegnet zu sein. Ob es sich dabei um einen Zauberer handelt?
Das erinnert mich ein wenig an die alte Geschichte von Harry Potter, wo Schüler versteinert und mit einem Trank befreit wurden. Hier ist auf jeden Fall viel Magie im Spiel.
Sehr gut möglich, da die Geister ebenfalls magische Fähigkeiten haben, könnte der Mönch auch ein Zauberer gewesen sein. Der Geistliche erklärte weiter, dass wenn sie dem Riesen sagte, dass sie genau auf ihn wartete und ihm auf Verlangen das restliche Wasser aushändigte, würde der Riese sie an der Hand nehmen, in seinen Palast führen und heiraten.
*murmelt angewidert*
Wie erstrebenswert.
Da sieht man Mal, das Riesen wohl nicht so klug sind. Was der mit dem Wasser vor hat?
Tatsächlich möchte er es lediglich trinken, Mr. Villin. Doch auf die Frage, wo sie das Wasser hergenommen hatte, sollte sie zuvor antworten „von dort, wo es war“ und sagen, dass sie die Prinzen zurück ins Leben gerufen habe, wenn er später fragte, ob sie seine Sklaven befreit habe. Ab diesem Zeitpunkt würde der Riese wissen, dass der Mönch ihr alles gesagt habe und dem Mädchen kein Leid zufügen. Und sobald ihre Brüder in dem Schloss des Helios eintrafen, sollten sich auch die ehemals versteinerten Prinzen wieder frei bewegen und vollständig aufleben können. Der Mann geht ja ziemlich ins Detail. Glauben Sie, dass die Prinzessin sich diese ganzen Anweisungen merken konnte?
Es wäre besser für sie, doch vermutlich gibt es einen Stolperstein im weiteren Verlauf, oder nicht?
Das klingt für mich auch, als ob es da noch zu Schwierigkeiten kommt. Wer kann sich das alles so genau merken? Ich hätte mir das aufschreiben müssen, vor allem, wenn da mein Leben dran hängt.
Seien sie gespannt, aber ich hätte wohl auch erstmal zur Feder gegriffen. Das Mädchen bedankte sich für die Ratschläge des Mönchs und ging weiter... ohne diesen für seine Dienste zu entlohnen oder sich Notizen zu machen...
*schüttelt gespielt entrüstet seinen Kopf und zwinkert den beiden märchen-begeisterten Zauberern zu, ehe er fortfährt*
Nach einer halben Ewigkeit, in welcher die Prinzessin bunte Wälder, weite Täler und grüne Wiesen durchquerte, erreichte sie endlich das Schloss des Helios. Dort lag hoher Schnee und das Gebäude selbst wirkte so, als ob es vollständig aus Eis bestand. Während sie die Statuen der versteinerten Königssöhne passierte, erinnerte sich das Mädchen an die Worte des Mönchs und drehte sich nicht zu den klagenden Stimmen ihrer Brüder um.
Da fällt mir ein, auch eine Prüfung dieser Art gibt es, wenn griechische Helden die Unterwelt durchschreiten, um beispielsweise einen geliebten Menschen aus dem Hades zu befreien. Wenn ich mich richtig erinnere, gelingt dies den wenigsten, denn früher oder später drehen sich fast alle um.
Also exakt wie in unserem Märchen, schließlich sind an dieser Prüfung bereits zehntausend junge Männer gescheitert.
Ich glaube, dass sie seine Tat nicht bezahlt hat, wird noch ein Nachspiel haben und vermutlich nicht auf eine gute Art. Ich mein, bei so einer guten Tat sollte da schon was für den Mönch rausspringen.
Diese Meinung teile ich, zudem wäre die Prinzessin so etwas Gewicht losgeworden. Im Schloss fand sie schließlich eine purpurfarbene Flasche, gefüllt mit dem Lebenswasser, mit welchem sie die verzauberten Jünglinge besprenkeln konnte. Gerade als sie das Wasser an einer Quelle wieder aufgefüllt hatte, erschien der Riese, so wie es der Mönch prophezeit hatte. Dieser fragte die Prinzessin, woher sie kam und wie sie zu ihm gelangt sei, während er so aussah, als ob er das junge Mädchen fressen wollte. Dieses antwortete, dass es gerade ihn suchte und gab ihm von dem Wasser zu trinken. ‚Du bist die Richtige!‘ rief der gewaltige Helios daraufhin und verheiratete sich sogleich mit ihr.
Der hatte sie zum Fressen gern.
*grinst breit und räuspert sich dann*
Nur zu, sprechen Sie bitte weiter.
Netter Helios… erst fressen wollen und dann gleich die Prinzessin heiraten. So ganz richtig läuft das ja nicht, wo doch so viele Prinzen dort sind.
Danach fragte er, wo sie das Wasser geschöpft hatte und sie verkündete ’Dort, wo es war‘. Nachdem sie auch noch auf seine Frage, ob sie seine Sklaven befreit habe, erklärte, dass sie diese zurück in das Leben gerufen hatte, war der Helios vollkommen von ihr überzeugt. Ein weiteres Mal rief er aus, dass sie die Richtige sei und setzte sie auf einen Thron.
Die Prinzessin hat ihr Glück mit dem riesenhaften Helios gefunden, doch wie erging es ihren Brüdern? Ob aus Liebe oder Geldnot, ein Jahr später beschlossen die drei Geschwister, die Suche nach ihrer Schwester zu starten.
Von Glück kann hier doch wohl keine Rede sein. Ein schrecklicher Gedanke, dass die Prinzessin ein Jahr lang mit diesem Riesen verbringen musste. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was dieser Helios möglicherweise alles von ihr verlangte.
*verzieht angewidert das Gesicht*
*verzieht ebenfalls das Gesicht*
Ich will mir da lieber keine Gedanken drüber machen, was der Helios verlangte… aber lasst mich raten. Das geht nicht gut, weil vorher sollen die Brüder wissen, wie sie in das Schloss kommen.
*grinst den jungen Mr. Villin an, bevor er mit der Erzählung fortfährt*
Der Älteste machte sich als Erster von ihnen auf die Reise, doch leider begegnete er keinem Mönch, der ihn warnte. So wird es Sie nicht verwundern, dass er in Stein verwandelt wurde, als er in die Nähe des Schlosses gelangte. Dem zweitältesten Bruder ereilte das gleiche Schicksal, weshalb sich schließlich auch der jüngste Königssohn auf den Weg begeben musste. Dieser traf, als er den Berg herabstieg, tatsächlich den alten Mönch. Auch dieses Mal sparte der Geistliche nicht mit Ratschlägen und riet dem Jüngling, immer vorwärts zu gehen, sich nie umzublicken und auch nicht zu stoppen, wenn er auf seine, in Stein verwandelten, Brüder traf. Er sollte immer weiter gehen, bis er in einen Garten gelangte, in dem seine Schwester auf ihn warten würde. Er tat, wie ihm geraten wurde, doch nach ihrem Wiedersehen fürchtete die Prinzessin, dass Helios ihren Bruder fressen könnte, sobald er am Abend zurückkehrte. Wir bewegen uns auf ein spannendes Finale zu, meine Herren!
*erwartet ein Happy End und lauscht gespannt weiter*
*rutscht gespannt hin und her*
Nun spannen Sie uns doch nicht so auf die Folter!
Nun gut, hören Sie zu! Als die Stunde der Rückkehr ihres Gemahls nahte, verwandelte die Prinzessin ihren Bruder in einen Fingerhut, um ihn vor Helios zu verbergen. Eine wirklich überraschende Wendung, dass das Mädchen plötzlich zaubern konnte!
Absolut! Ihre Magie hätte sie doch wirklich schon früher einsetzen können! Wie kommt dieser Wandel?
Kein Wunder, dass die Prinzessin das schwere Kleid tragen kann, wenn sie offensichtlich zaubern kann.
Nun ja, es wird damit begründet, dass sie als Frau des Helios über Zauberkraft verfügte. In diesem Punkt hat sich die Heirat wohl wirklich gelohnt. Doch der Riese konnte den Geruch von menschlichem Blut wahrnehmen, was er auch sogleich seiner Auserwählten mitteilte. Die Prinzessin fragte ihren Mann, ob er ihren Bruder fressen würde, falls dieser eingetroffen sei. Helios schwor, nichts dergleichen zu tun, da er seiner Frau niemals Kummer bereiten wollte, woraufhin sie den Fingerhut anschnippste und sich dieser zurück in ihren jüngsten Bruder verwandelte. Der Riese umarmte und küsste seinen Schwager, bevor er ihm offenbarte, dass er darüber Bescheid wusste, dass dieser noch zwei versteinerte Brüder hatte.
Diese herzliche Begrüßung kommt tatsächlich überraschend, ebenso wie die anscheinend wahre Zuneigung des Menschenfressers zu seiner menschlichen Gemahlin. Damit hätte ich nun wirklich nicht gerechnet.
Das ist tatsächlich ein unerwarteter Wandel.
Ich hatte kurz die Sorge, der Riese würde sein Versprechen brechen.
Eine Überraschung jagt die nächste. Erst kann die Prinzessin zaubern und nun wird der Riese ihr zuliebe auch noch zu einem Menschenfreund. Ich wäre seiner plötzlichen Gutherzigkeit gegenüber jedoch erstmal skeptisch. Einen Augenblick später reichte Helios dem Königssohn die purpurfarbene Flasche und befahl ihm, damit seine Brüder zu besprenkeln, damit diese erlöst werden konnten. Dem kam der junge Mann sehr gerne nach und nicht nur seine Brüder, sondern auch alle anderen Prinzen erwachten wieder zum Leben und konnten sich frei bewegen.
Helios spürte, wie eine große Last von ihm abfiel und er offerierte den Brüdern sowie auch den anderen Prinzen, fortan mit ihm zusammen in seinem Reich leben zu dürfen, wenn sie dies beabsichtigten. Doch wer zurück in seine Heimat ziehen wollte, dem stand auch dieser Weg frei. Die Geschwister beschlossen, gemeinsam im Reich des Helios zu leben und sie alle, sowie auch jene, welche zurück in ihre Heimat zurückkehrten, lebten fortan glücklich und zufrieden… in ihrer alten und neuen Heimat.
Ich frage mich, was am Reich des Helios so schön sein soll, dass man freiwillig darin leben möchte. Zusammen mit jemandem, der Menschen isst! Das sollte man doch bei alledem nicht vergessen, dass eine immense Bedrohung von diesem Riesen ausgeht!
Das klingt wirklich ganz toll und von dem Helios äußerst großzügig! Hoffentlich kommt nicht doch noch ein fetter Haken bei dieser Sache. Ich mein, der Mönch wurde ja immer noch nicht entlohnt.
Vielleicht sind die Ländereien des Helios besonders prachtvoll, aber ich würde mich von diesem riesigen Menschenfresser ebenfalls lieber fernhalten und meine alte Heimat vorziehen. Die Geschwister konnten wirklich froh sein, dass der Mönch zwei von ihnen begegnete und sich gewillt zeigte, ihnen zu helfen. Ich hoffe, dass Ihnen mein ausgewähltes Märchen gefallen hat, auch wenn die Geschichte zum Ende hin ziemlich verwirrend wurde, und bedanke mich nochmals recht herzlich für die Einladung.
Vielen Dank für Ihre Zeit, Mr. Stevenson. Das Märchen ist in der Tat sehr interessant gewesen. So bleibt uns nur zu sagen: Ende gut, alles gut.
Der Vorhang fällt - ‘Tschüss Märchenwelt!’